KW „Katja“ – Stasi-Treffen im Pflegeheim

Gewalträume/Schutzräume

Exponatentyp
Dokument/Akte
Datum
1985-1989
Dauer
14:51 min

KW „Katja“ – Stasi-Treffen im Pflegeheim

Gewalträume/Schutzräume

Die Akte dokumentiert die Nutzung der Konspirativen Wohnung (KW) „Katja“ durch das Ministerium für Staatssicherheit (MfS). Sie befindet sich in einem Pflegeheim am Stadtrand von Erfurt. Diese Wohnung dient hauptsächlich als Ort für Erstkontakte und Werbegespräche mit neuen Inoffiziellen Mitarbeitern (IM). Die Lage im Pflegeheim ist aus sicherheitstechnischen Gründen besonders vorteilhaft: Die Staatssicherheit schätzt die Bewohner:innen als unzurechnungsfähig ein. Somit besteht keine Gefahr einer Enttarnung. Die Akte gewährt einen detaillierten Einblick in die Sicherheitsvorkehrungen MfS. Sie dokumentiert familiäre Herausforderungen der IM. Auch die Gründe für die Aufgabe der Wohnung finden sich in den Unterlagen. Diese Quelle eröffnet einen wichtigen Blick auf die verdeckten Aktivitäten des MfS.

KW „Katja“ – Stasi-Treffen im Pflegeheim

BArch, MfS, BV Erfurt, AIM 35/89 – KW „Katja“, S. 20

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Allgemeine Informationen

Titel: AIM 35-89 – KW Katja – 85-89

Medienart: Akte, Dokumente, Fotografien

Urheber: Ministerium für Staatssicherheit (MfS)

Jahr: 1986-1989

Gesamtumfang: 38 Seiten

Besitzende Einrichtung: Stasi-Unterlagen-Archiv im Bundesarchiv

Empfohlene Zitierweise: Akte zur konspirativen Wohnung „Katja“. Stasi-Unterlagen-Archiv im Bundesarchiv, BArch, MfS, BV Erfurt, AIM 35/89. Abgerufen unter: https://dut-ausstellung.de/source/kw-katja-stasi-treffen-im-pflegeheim/.

Quelle in der digitalen Sammlung der Thulb

Vertiefende Einblicke zu konspirativen Wohnungen in der begleitenden Podcast-Serie „Geheimnisvolle Vergangenheit“ in Kooperation mit Radio F.R.E.I.:
https://www.radio-frei.de/index.php?iid=7&ksubmit_show=Artikel&kartikel_id=10526

Transkript

Das Transkript der einzelnen Seiten ist in der Detailansicht der Quelle nachzulesen.

Interpretationsvorschläge

In den 1980er Jahren intensivierte das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) die Überwachung der eigenen Bevölkerung. Die Stasi nutze eine Vielzahl von Methoden, um jeden Aspekt des Lebens der Bürger:innen zu kontrollieren. Die Inoffiziellen Mitarbeiter (IM), die dem MfS zuarbeiteten, waren ein zentraler Bestandteil dieses Überwachungs- und Kontrollsystems. Eine besondere Rolle nahmen Inoffizielle Mitarbeiter zur Sicherung der Konspiration und des Verbindungswesens (IMK), ein. Diese stellten dem MfS ihre Wohnungen für verdeckte Treffen und Operationen zur Verfügung. Die KW „Katja“, die sich in einem Erfurter Vorort auf dem Gelände eines Pflegeheims befand, ist ein besonders interessantes Beispiel für die flexible und pragmatische Nutzung solcher Wohnungen durch das MfS.

Die KW „Katja“ ist ein bemerkenswertes Beispiel für die Flexibilität und Anpassungsfähigkeit des MfS bei der Nutzung von Konspirativen Wohnungen. Obwohl „Katja“ in vielerlei Hinsicht nicht dem typischen Profil einer IMK entsprach, erfüllte sie dennoch über mehrere Jahre hinweg eine wichtige operative Funktion. Die Lage der KW in einem Pflegeheim, die berufliche Einbindung von „Katja“ und ihre familiären Verbindungen in die BRD stellten besondere Herausforderungen dar, die das MfS durch gezielte Maßnahmen zu kontrollieren versuchte.

Die letztendliche Beendigung der Zusammenarbeit zeigt jedoch, dass selbst bei zuverlässigen und tief im System verankerten Personen die Sicherheit der Konspiration oberste Priorität hatte. Die KW „Katja“ bietet wertvolle Einblicke in die komplexen Entscheidungsprozesse und operativen Überlegungen des MfS, das stets bemüht war, seine konspirativen Netzwerke aufrechtzuerhalten und vor Enttarnung zu schützen.

Weitere Ausstellungskategorien

Wohnen

Quellenkritik

Die Akte dokumentiert die Auswahl, Nutzung und spätere Beurteilung einer Konspirativen Wohnung (KW) durch das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) der DDR in den Jahren 1984 bis 1986.

Die Akteneinträge stammen von Mitarbeiter:innen der MfS-Bezirksverwaltung Erfurt, speziell aus der Abteilung VII (zuständig u. a. für Spekulationsdelikte und operative Sicherung im Wirtschaftsbereich). Ziel der Aufzeichnungen war nicht die Rechtfertigung gegenüber Dritten, sondern die interne Dokumentation, Absicherung und Bewertung eines konspirativen Objekts. Die Berichte folgen einem strengen bürokratischen Duktus und waren ausschließlich für den Dienstgebrauch vorgesehen.

Die Quelle ist somit ein Produkt des MfS-Systems. Sie offenbart dessen institutionelle Logik, seine Sicherheitsprioritäten und die detaillierte Planung selbst scheinbar alltäglicher Maßnahmen wie Reinigung, Nachbarschaftsverhalten oder Wohnungsausstattung. Urteile über Personen – etwa ihre „Zuverlässigkeit“ oder „Vertrauenswürdigkeit“ – basieren ausschließlich auf MfS-internen Maßstäben. Auch die Auswahl der Informationen ist von geheimdienstlichen Interessen bestimmt, nicht durch Vollständigkeit oder Objektivität.

Zudem ist die Sprache ideologisch aufgeladen: Begriffe wie „sicherheitspolitisch tragbar“, „operative Bearbeitung“ oder „Dekonspiration“ sind technische Begriffe eines Systems, das auf Kontrolle und Geheimhaltung angelegt war. Wer die Quelle nutzt, muss diese Begrifflichkeit stets kontextualisieren.

Weitere Aktenauszüge zu Konspirativen Wohnungen auf dieser Website: