Auszüge aus den Haftakten von Manfred Walter, Einlieferungsanzeige und Haftbefehl

Gewalträume/Schutzräume

Exponatentyp
Dokument/Akte
Datum
11.08.1988
Dauer
03:38 min

Auszüge aus den Haftakten von Manfred Walter, Einlieferungsanzeige und Haftbefehl

Gewalträume/Schutzräume

Die Auszüge aus der Stasi-Akte von Manfred Walter beinhalten seine Einlieferungsanzeige in die Untersuchungshaftanstalt Andreasstraße in Erfurt vom 11. August 1988 sowie seinen Haftbefehl vom 12. August 1988. Manfred Walter hat 1985 gemeinsam mit befreundeten Familien einen Ausreiseantrag gestellt. Diese Entscheidung führt zu einer jahrelangen Überwachung durch die Behörden und schließlich zu einer Vernehmung durch die Staatssicherheit im Volkspolizeikreisamt (VPKA) in Sondershausen. Von dort kommt er in die Untersuchungshaftanstalt nach Erfurt.

Auszüge aus den Haftakten von Manfred Walter, Einlieferungsanzeige und Haftbefehl

Auszüge aus der Stasi-Akte von Manfred Walter, Haftakten, BArch, MfS, BV Eft AOP 926-89 Bd. 1, geschwärzt, Einlieferungsanzeige und Haftbefehl, Seite 2

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Allgemeine Informationen

Titel: Auszüge aus der MfS-Akte von Manfred Walter: Einlieferungsanzeige und Haftbefehl

Medienart: Dokument, Akte

Jahr: 1988

Gesamtumfang: 3 Seiten

Besitzende Institution: Stasi-Unterlagen-Archiv im Bundesarchiv

Empfohlene Zitierweise: Einlieferungsanzeige und Haftbefehl, MfS-Akte von Manfred Walter, Gerichtsakte. Stasi-Unterlagen-Archiv im Bundesarchiv, MfS BV Eft AU 107-89 Bd 1, geschwärzt, Deckblatt, Seite 10-12. Abgerufen unter: https://dut-ausstellung.de/source/auszuege-aus-der-gerichtsakte-von-manfred-walter-urteil/. Abgerufen unter: https://dut-ausstellung.de/source/auszuege-aus-den-haftakten-von-manfred-walter-einlieferungsanzeige-und-haftbefehl/.

Quelle in der digitalen Sammlung der Thulb

Eine ausführliche Darstellung der Geschichte von Manfred Walter: https://www.andreasstrasse.de/andreasstrasse/uhaft/u-haft-verhoerraum/verhoer

Transkript

Ministerrat
Der Deutschen Demokratischen Republik

Ministerium für Staatssicherheit

6
Erfurt, den 11.08.1988

Einlieferungsanzeige

Am 11.08.1988 [Datum eingesetzt] wurde gegen 15.00 Uhr [Uhrzeit eingesetzt]
in Sondershausen [Ort eingesetzt] wegen dringenden
Tatverdachts Beeinträchtigung staatlicher Tätigkeit [Tatvorwurf eingesetzt]

  1. auf der Grundlage eines richterlichen Haftbefehls
  2. vorläufig festgenommen [unterstrichen]

und am 11.8.199 [Daum eingesetzt] in UHA Erfurt [Ort eingesetzt]
eingeliefert.

[Passfoto]

Name Walter [Name eingesetzt] Vorname Manfred Rudolf [Vornamen eingesetzt, Manfred unterstrichen]
geb. am 27.3.1952 [Datum eingesetzt] in Sondershausen [Ort eingesetzt]
Beruf Betriebsschlosser [Berufsbezeichnung eingesetzt] zuletzt ohne ARV [eingesetzt]
Anschrift der Arbeitsstelle entfällt [eingesetzt]
Familienstand verh. [eingesetzt] Staatsangehörigkeit DDR [eingesetzt] Nation deutsch [eingesetzt]
Wohnanschrift Sondershausen, Hasenholzweg 36 [eingesetzt]Letzter Aufenthalt VPKA Sondershausen [eingesetzt]
Name und Anschrift der nächsten Angehörigen Ehefrau [Name geschwärzt] Sonderhausen, Hasenholzweg 36 [eingesetzt]
Nummer der Personaldokumente lag nicht vor [eingesetzt]
Die Vorführung erfolgte am 12.8.1988, 15.45 Uhr [Datum und Uhrzeit eingesetzt]
[handschriftliche Unterschrift, nicht lesbar] Major
Name und Dienstgrad des Einliefernden

An den Staatsanwalt des Bezirks [eingesetzt]

Es wird gebeten

  1. Erlass des richterlichen Haftbefehls gegen den Beschuldigten zu beantragen.
  2. Gemäß §§ 108, 109 StoPO die Durchsuchung der Wohn- und Nebenräume des Beschuldigten und die Beschlagnahmung aller Gegenstände die für die Untersuchung von Bedeutung sind, anzuordnen.

Gründe: (einschl. verletzte Strafrechtsnormen und Begründung für die Notwendigkeit der Untersuchungshaft gemäß der StoPO)

In Durchsetzung seines Ersuchens auf Übersiedlung in die BRD hat der Beschuldigte Anfang Mai 1988 gemeinsam mit dem Mitbeschuldigten [geschwätzt], Ersuchende auf Übersiedlung aus Sondershausen zu einer Gruppierung zusammengeführt. Seit Mai 1988 wöchentlich jeweils Dienstag ab 16:00 Uhr auf dem Markplatz von Sondershausen demonstrative Zusammenkünfte organisiert sowie mindestens 5 Schreiben an zentrale staatliche Institutionen gemeinsam mit [geschwärzt] gefertigt und zum Versand gebracht, worin ultimative Forderungen erhoben, eine Missachtung der Gesetzte bekundet und weitere Übersiedlungsersuchende durch Aufforderung zur Unterschrift unter diese Schreiben zur Missachtung der Gesetzte aufgefordert wurden. Strafbar gemäß § 214 Abs. 1 und 3 StGB

Der Erlass des Haftbefehls ist gemäß § 122 Abs. 1 Ziff. 4 StoPO gesetzlich begründet, da der Beschuldigte der Tat dringend verdächtig, die Tat, die den Gegenstand des Verfahrens bildet, mit Haftstrafe bedroht und der Ausspruch einer Strafe mit Freiheitsentzug zu erwarten ist. [Begründung eingesetzt]

Als Beweismittel werden beigefügt:

  • Erstvernehmung und Befragung Walter [unterstrichen] v. 11.8.1988
  • Erstvernehmung und Befragung [geschwärzt] v. 11.8.1988
  • Befragungen [geschwärzt]vom 11.8.1988
  • 5 sogenannte Petitionen an zentrale Staatsorgane der DDR vom 13.5, 6.6., 27.6. 4.7. und 8.7.1988
  • Niederschrift Abt. Innere Angelegenheiten des Rat des Kreises Sondershausen vom 8.8.88 [Beweismittel eingesetzt]

Hinweise für den Staatsanwalt zur Sicherung der Ansprüche des Beschuldigten entsprechend der beigefügten Erklärung des Beschuldigten:

[keine Angaben eingesetzt]

Eine sofortige Benachrichtigung der Angehörigen und des Betriebes kann – nicht – vorgenommen werden, da dadurch der Zweck der Untersuchung gefährdet wird*)

Bestätigt
[handschriftliche Unterschrift, nicht lesbar)

Name, Dienstgrad
[handschriftliche Unterschrift, nicht lesbar) Major

Name, Dienstgrad

*) Nichtzutreffendes streichen


Das Kreis [eingesetzt] Gericht Erfurt-Mitte [eingesetzt]
Erfurt [Ort eingesetzt], den 12.8.1988 [Datum eingesetzt]

Fernruf

Haftbefehl

Der Betriebsschlosse WALTER, Manfred [unterstrichen] Rudolf, geb. am 27.3.1952 in Sondershausen, wh.: Sondershausen, Hasenholzweg 36 [eingesetzt]

Ist in Untersuchungshaft zu nehmen.

Er wird beschuldigt

eine vorsätzliche Straftat begangen zu haben.

Der Beschuldigte soll mit dem Mitbeschuldigten [geschwärzt] zur Durchsetzung von ihnen beantragter Übersiedlungsersuchen in die BRD Anfang Mai 1988 Übersiedlungsersuchende aus Sondershausen zu einer Gruppierung zusammengeführt haben, die sich jeweils dienstags ab 16.00 Uhr auf dem Markt von Sondershausen zu demonstrativen Zusammenkünften getroffen haben sollen. Beide Beschuldigten sollten außerdem fünf Schreiben an zentrale staatliche Institutionen gefertigt haben und zum Versand gebracht haben. In diesen Schreiben sollen ultimative Forderungen erhoben worden sein. Es sollen weitere Übersiedlungsersuchende von den Beschuldigten zur Unterschrift unter diese Schreiben aufgefordert worden sein. [Begründung eingesetzt]

Vergehen/ Verbrechen gem. § 214 Abs. 1 und 3 StGB [Paragraphen eingesetzt]

Er [unterstrichen]/ Sie ist dieser Straftat dringend verdächtig

Die Anordnung  der Untersuchungshaft ist gemäß § 122 Abs. 1, Ziff. 4 StoPo [Paragraphen eingesetzt]

Gesetzlich begründet, weil

Die Tat die den Gegenstand des Verfahrens bildet, mit Haftstrafe bedroht und eine Strafe mit Freiheitsentzug zu erwarten ist. [Begründung eingesetzt]

[Stempel] [handschriftliche Unterschrift, nicht lesbar] Kreisgerichtsdirektor

Gegen diesen Haftbefehl ist das Rechtsmittel der Beschwerde zulässig (§ 127 StoPo).

Sie ist binnen einer Woche nach Verkündung des Haftbefehls bei dem unterzeichneten Gericht zu Protokoll der rechtsantragsstelle oder schriftlich durch den Betroffenen oder einen in der DDR zugelassenen Rechtsanwalt einzulegen (§§ 305, 306 StoPo).

Interpretationsvorschläge

Die Quelle zeigt exemplarisch auf, wie die Freiheit von Menschen in der DDR eingeschränkt wurde und was die Konsequenzen sein konnten, wenn man einen Ausreiseantrag aus der DDR stellte. Für einen Ausreiseantrag gab es kein geregeltes Verfahren, er war in den Gesetzen der DDR nicht vorgesehen. Individuell formulierte Ausreiseanträge durften von den Behörden aber auch nicht ignoriert werden. Daher versuchten ab den 1980er Jahren immer mehr Menschen, die DDR auf diesem Weg zu verlassen. Die Gründe dafür waren vielfältig: Die Menschen waren vor allem mit dem politischen System nicht einverstanden. Es störte sie zum Beispiel die fehlende Meinungs- und Reisefreiheit. Sie waren mit den Wohn- und Arbeitsbedingungen oder dem niedrigen Lebensstandard unzufrieden. Wer einen Ausreiseantrag stellte, konnte diskriminiert und kriminalisiert werden, seine Arbeit verlieren, von der Stasi überwacht werden oder sogar, wie Manfred Walter, ins Gefängnis kommen. Die Ausschnitte der Haftakte helfen bei der Einordnung, Beurteilung und Analyse des Herrschaftssystems der DDR als Diktatur. Sie zeigen unmissverständlich die Machtverhältnisse und -verständnisse des MfS auf.

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