Einführung/Beginn (Min. 00:00)
Frau N.: „Ja also im Haus hat sich keiner drum gekümmert, als ich hier eingezogen bin. Nur der Herr L., der hat sich aufgeregt. Der hat bei mir geklingelt. Ja, und im Hausbuch wollte er mich auch nicht eintragen, solange wie ich eben keine Einweisung habe. Ja, Schwierigkeiten hatte ich anfangs auf der Polizei. Zwei Jahre lang hat das gedauert, ehe man mich hier auf die Wohnung eingetragen hat.“
SFD-Redakteur eröffnet das Streitgespräch (Min. 00:25)
SFD-Redakteur Gerd Barz: „Herr L., wir haben eine Gesprächsrunde organisiert, wie sie sich in diesem Hause sonst nicht zusammenfindet…,“
Herr L.: „Hm.“
Gerhard Barz: „… weil es sehr unterschiedliche Meinungen zu dem Problem gibt. Können Sie uns ganz kurz mal sagen, welche Meinung Sie persönlich dazu haben, wenn jemand illegal eine Wohnung bezieht?“
Herr L.: „Ich hab gegen Illegale und Schwarzmieter … bin ich ganz hart dagegen. Weil ich mit dem Rat [der Stadt] eine Aussprache geführt habe, dass es so etwas nicht gibt, ja, und wir dagegen sind.“
Frau N.: „Der Hausbuchführer, beziehungsweise das hört sich ja nun sowieso blöd an, der Hausbuchführer – derjenige, der das Hausbuch hat –, der hat überhaupt nichts dazu zu sagen. Also ich möchte sagen, dass der Herr L. absolut sich in unsere Lage nicht reinsetzen kann.“
Frau F.: „Also ich meine, [Frau N.] war schwanger und ich war schwanger. Und wir wussten beide nicht wohin. Und das ist ja nun mal so, dass man, wenn man einen Wohnungsantrag stellt, sechs bis acht Jahre warten muss. So viel Zeit hat man dann eben nicht.“
Frau N. (leise zu ihr): „Sagen wir mal, das Kind hat nicht so viel Zeit.“
Herr L.: „So, in dieser Wohnung, wo Sie wohnten, wo Sie jetzt wohnen, habe ich gewohnt. Ich weiß, wie die Wohnverhältnisse da unten waren. Ich weiß auch, wie sie sind: Früh 13 Kohlen, mittags 13 Kohlen und abends so acht bis zehn Kohlen anzulegen. Und musste abends, bei ‘ner Kälte, möchte ich nochmal sagen, im Bett mein Abendbrot und mein Essen zu mir nehmen. Deswegen hat man gesagt, ja, die Wohnung sperren wir. Und ich würde nie mehr in die erste Etage runterziehen, wo ich…“
Frau N.: „Da können Sie aber mal sehen: Sie wollen nicht in der Wohnung wohnen. Und Sie verbieten das anderen, nun speziell [Frau F.], in dieser Wohnung zu wohnen, ja? Eben aus dem Grund, weil sie sich schwarz reingesetzt hat. Wie Sie sagten, die ist ja gesperrt worden. Und… da können Sie doch aber mal sehen… Man setzt sich doch nicht aus heiterem Himmel in so eine Wohnung rein!“
Herr L. fragt nach den Gründen für den Einzug (Min. 03:22)
Herr L.: „Warum ziehen wir denn in eine gesperrte Wohnung ein?“
Frau F.: „Weil ich die Wohnung brauchte.“
Herr L.: „Hat der Rat [der Stadt] nicht gesagt, wir werden Ihnen, …“
Frau F. (ein wenig lachend): „Nee, der Rat hat nichts gesagt!“
Herr L. (weiter): „… da Sie noch kein Kleinkind hatten …“
Frau F.: „… ich war aber im vierten Monat schwanger.“
Herr L.: „…wir werden Ihnen eine Wohnung zur Verfügung stellen?“
Beide Frauen: „Nee! nee!“
Frau N.: „Ich war mit Frau F. … Wir waren beide zusammen da.“
Frau F.: „Die haben zu mir gesagt, Sie wissen ja noch gar nicht, ob das Kind lebt, wenn es zur Welt kommt. Das haben sie zu mir gesagt.“
Frau N.: „Das Gesetz sagt dieses… und daran muss ich mich halten. Aber es geht ja nun mal in diesem Fall nicht. Und wenn ich zum Rat der Stadt gehe und wie ich gegangen bin… Und man sagt zu mir, in sechs Jahren können Sie wiederkommen. Und mein Kind leider Gottes keine sechs Jahre wartet…“
Herr L.: „Hm?“
Frau N.: „Ja, na, es ist ganz normal, dass ich dann erst mal versuche, mir irgendwo was zu suchen. Ich habe gewusst, dass diese Wohnung leer steht. Ich wusste auch, dass diese Wohnräume gesperrt sind. Und ich habe mich trotzdem reingesetzt. Ja. Ich meine, ob die Wohnungen leer stehen oder die Wohnungen werden trotzdem noch bewohnt, dass sie nicht ganz verfallen… Und dann kann keiner sagen, dass in zwei oder drei Jahren hier schon mal einer kommt und irgendwas rekonstruiert. Ich meine, das ist seit zehn Jahren der Fall, dass hier was gemacht werden soll, in diesem Haus.“
Herr L.: „Und?“
Frau N. sagt, dass das Gesetz sie nicht interessiert (Min. 04:49)
Frau N.: „Dass Sie da laufend kommen mit Ihren Gesetzen, das ist absolut… Das zählt doch in dem Moment für mich gar nicht. In dem Moment zählt für mich nur mein Kind. Und dass ich für mein Kind einen Wohnraum schaffen muss, wo es aufwachsen kann.“
Herr L.: „Hm, sehe ich alles ein. Aber ich kann mich nicht in eine fremde Wohnung reinsetzen…“
Frau N.: „Ich habe mich doch aber nun in die Wohnung reingesetzt. Und ich wohne seit vier Jahren in dieser Wohnung. Seit vier Jahren zahle ich meine Miete, regelmäßig. Jeden Monat regelmäßig zahle ich meine Miete, zahle mein Gas und Licht, habe aus der Wohnung ein Schloss gemacht. Im Gegensatz, wie die Wohnung vorher ausgesehen hat.“
Herr L.: „Ich weiß.“
Frau F.: „Und vor allen Dingen, die KWV kümmert sich doch gar nicht darum.“
Frau N.: „Und vor allen Dingen – erstens mal das, da kommt doch auch gar keiner.“
Frau F.: „Nicht mal der ABV.“
Herr L. (laut): „Seit 1971 … 1972 … wohnen hier…“
Frau N. (laut): „Ist mir doch egal, was hier wohnt!“
Herr L. (laut): „… sieben Mieter im Haus. Und nach und nach sind die sieben Mieter ausgezogen, weil sie, ich möchte nicht so gemein sein und sagen ‚Slum‘, sondern, weil sie das Mietverhältnis nicht ertragen konnten.“
Frau N.: „Aber da können Sie doch mal sehen! Ich bin darauf eingegangen auf das Mietrechtsverhältnis… Ich meine, ich habe zwar keinen Mietsvertrag. Ich habe ihn bis heute noch nicht…“
Herr L.: „Werden Sie auch nicht kriegen.“
Frau N.: „Ich meine…, werde ich auch nie kriegen. Das ist mir…, das ist mir egal. Das sage ich Ihnen ganz ehrlich. Jedenfalls bleibe ich in der Wohnung wohnen, ansonsten müsste man mich raustragen, ja.“